Grossspurig behauptet heute das Bundesamt für Energie BFE, in der Schweiz gebe es ein „nachhaltig nutzbares Windenergiepotential“ von fast 30 TWh Strom – eine Versechsfachung der Ziele der Energiestrategie. Wer den 13 Seiten kurzen Text aus der Küche der Windlobby Suisse-Eole liest, stellt rasch fest, wie peinlich die angewandte Methode ist: Man nehme die ganze Fläche der Schweiz, ziehe Wohngebiete und einige Ausschlussgebiete ab und fülle Wälder sowie Wiesen mit 4‘439 Windturbinen. Freie Landschaft Schweiz fordert den Bund auf, auch angesichts einer Strommangellage auf übertriebene Propaganda zu verzichten.
Das Bundesamt für Energie BFE beauftragte das Berner Büro „Meteotest“, das Schweizer Windenergie-potential neu zu berechnen. Angesichts der Tatsache, dass Meteotest einer der verhältnismässig grössten Subventionsempfänger des Umwelt-, Verkehrs- und Energiedepartements und Mitglied der Windlobby „Suisse-Eole“ ist, überrascht das Ergebnis der Studie wenig. Die Studie ist eine vollständige Farce. Auf genau 13 Seiten werden Einleitung, Methodik und Resultate präsentiert. Aufgrund des nationalen Interesses an Windkraftanlagen dürften nun auch Kraftwerke in Jagdbanngebieten (wo selbst Drohnen verboten sind!), Schutzwäldern (!), nationalen Landschaftsschutzgebieten, UNESCO-Biosphärenreservaten, überregionalen Wildtierkorridoren und auf Fruchtfolgeflächen gebaut werden. Um Bauzonen werden 300m (!) Abstände gezogen, Steigungen erst ab 20% (!) ausgeschlossen und bei ISOS-Objekten wird in der Studie nur ein Abstand von 200m (!) zu geplanten Turbinen eingehalten. Die verwendeten Turbinen sind bis zu 230m hoch und haben Rotordurchmesser von 160m, das ist halb so gross wie der Eiffelturm.
Die Rechnung in der Studie ist also einfach: Mit wenigen Ausnahmen sollen auf allen denkbaren, erreichbaren und noch unverbauten Flächen in der Schweiz Windturbinen aufgestellt werden. So kommt das BFE auf genau 4‘439 Windturbinen, die in der Schweiz möglich seien, die Hälfte davon in den Wäldern. Das sei technisch, wirtschaftlich, ökologisch und gesellschaftlich realistisch. Die Studie darf man als komplett politisch bezeichnen: Technisch ist es kaum möglich, in einem Gelände mit 19% Steigung eine Turbine zu errichten, aus wirtschaftlicher Sicht hat es in der Schweiz mit Ausnahme vom Rhoneknie zu wenig Wind, aus ökologischer Sicht sind Windturbinen im Wald nicht vertretbar und gesellschaftlich werden keine 230m grossen Turbinen im Umkreis von 300m um Wohnhäuser akzeptiert (vgl. Entscheid Kantonsrat Glarus 2019: „Windkraftanlagen, die 500m von Häusern entfernt sind, schrecken Neuzuzüger ab“).
In der Schweiz sind aktuell rund 110 Standorte bekannt, die mit grossen Windenergieanlagen in Verbindung gebracht werden (als Idee, als Richtplaneintrag, als realisiertes Projekt o. ä.). An diesen Standorten könnten rund 600 Windturbinen realisiert werden. Rund 25 dieser Windparks mit total rund 100 Turbinen wurden abgelehnt, sistiert oder aus dem Richtplan gestrichen. Folglich liegt das maximale Potential in der Schweiz noch bei rund 500 grossen Windturbinen, davon wurden erst 33 realisiert. Das Windenergiepotential in der Schweiz wird also stets kleiner. Freie Landschaft Schweiz 30.08.2022
Steht das Bundesamt für Energie (BFE) im Solde von ENERCON ?
Die Zahl von 4’439 durch Meteotest im Auftrag des BFE errechne-
ten Windturbinen ist fast identisch mit den 4’438, die aus einer
im Mai 2021 publizierten Studie der ETH Lausanne resultierten («Synergistic optimization of renewable energy installations through evolution strategy“). Merkwürdig: In der Studie von Meteotest findet sich keinerlei Hinweis auf jene der ETH Lausanne….
Noch merkwürdiger: In der Studie von Meteotest ist nicht allgemein von Windrädern oder Turbinen die Rede, sondern ausdrücklich von ENERCON-Windturbinen (S. 6/7). Für das Mittelland sieht die Studie 1’979 ENERCON E-160 vor (5.5 MW, Gesamthöhe 230 m), für den Jura und die grossen Alpentäler 1’173 ENERCON E-138 (4.2 MW, Gesamthöhe 219 m) und für die Alpen 1’287 ENERCON E-92 (2.3 MW, Gesamthöhe 144 m).
Zudem gibt sich die Studie von Meteotest auch sehr präzis bezüglich der kantonalen Potenziale (S. 12/13). die sich von 0 (Null) GWh/a für Basel-Stadt und Obwalden bis zu 5’929 GWh/a für die Waadt erstrecken. Weil in der Windenergie das nationale Interesse bei 20 GWh/a beginnt, kann der Leser sich selber ausrechnen, wieviele Windparks in seinem Kanton zu erstellen sind; die Anzahl bewegt sich zwischen 0 (BS und OW) und 300 (VD); für Schaffhausen liegt sie bei 23 !
Bei soviel Präzision bleibt einem die Spucke weg – und man fragt sich, ob das BFE mit seinen Kollaborateuren Meteotest und SuisseEole eigentlich im Dienste von ENERCON steht ?
Hermine Weidmann (Winterthur)
Suisse Eole und die Transparenz: Sieg für Freie Landschaft Schweiz
11. APRIL 2016
Mehr als fünf Millionen Franken hat das Bundesamt für Energie BFE der Schweizerischen Vereinigung Suisse Eole in den letzten zehn Jahren überwiesen. Im Vorstand von Suisse Eole sitzen vor allem Kadermitarbeitende von Schweizer Stromhandelsunternehmen. Der Vorstand dürfte daher wohl eher privatwirtschaftlichen Interessen als den Interessen der Bevölkerung verpflichtet sein: Link.
Paysage Libre Suisse – Freie Landschaft Schweiz hat auf Anfrage keine Einsicht in diesbezügliche Informationen erhalten und deshalb am 21. Dezember 2015 den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten eingeschaltet, der uns in allen Punkten Recht gab. Das BFE muss der Vereinigung Paysage Libre – Freie Landschaft die angeforderten Informationen folglich zukommen lassen. Doch tut es das auch? Oder müssen wir bis vor Bundesgericht gehen, um unser Recht auf Einsicht in die Verträge zwischen dem BFE und Suisse Eole durchzusetzen? Die Haltung der beiden Parteien sagt viel aus über ihre Bereitschaft, Transparenz zu schaffen und sich an die Bestimmungen von Artikel 4 Absatz 1 der Aarhus-Konvention zu halten, die in der Schweiz per 1. Juni 2014 in Kraft getreten ist.