Suisse Eole vom 29.01.2016
9 von 10 Gemeinden sprechen sich für Windenergieprojekte aus. Trotzdem kommen diese nur zäh voran. Abhilfe hätte das Konzept Windenergie des Bundes schaffen können. Dieses widerspiegelt jedoch anschaulich die aktuelle Situation: Zahlreiche Interessensvertreter befürchten, durch die geplanten Anlagen tangiert zu werden. Suisse Eole bedauert, dass das Konzept die Gelegenheit verpasst, klare Spielregeln zu definieren.
Das Konzept Windenergie zeigt sehr gut auf, welche Interessen alleine aus Bundessicht durch Windenergieanlagen tangiert werden könnten und wie wenig Spielraum bleibt, wenn sämtliche denkbaren Interessenskonflikte vermieden werden sollen: Landschafts- und Vogelschutz, Flugsicherheit, Militär und Wetterstationen etc. äussern Vorbehalte und verlangen grossflächige Ausschlussgebiete, teilweise selbst wenn die Auswirkungen nur gering sind oder lediglich vage befürchtet werden. Sinnvoller wäre es, die wichtigsten Probleme zu identifizieren und ausgewogene, klare Lösungen zu suchen. Klare Regeln fehlen in vielen Bereichen In der vorliegenden Form bildet das Konzept Windenergie lediglich eine Basis, um aufgrund einer Interessenabwägung möglichst klare Spielregeln festzulegen und wesentliche von nebensächlichen Konflikten zu unterscheiden. Dies ist essenziell, um die in der Schweiz extrem langwierigen Verfahren zu beschleunigen: Einige Projekte werden seit über 10 Jahren durch Einsprachen verhindert. Leider enthält das Konzept aber nur erste Schritte und verweist z. B. bei der Avifauna auf ein neues Kapitel im Handbuch zur Umweltverträglichkeitsprüfung des BAFU, das seit langer Zeit in Aussicht gestellt wird, aber immer noch nicht vorliegt. Die wichtigste Aufgabe des Konzepts wäre es, in wesentlichen Bereichen ausgewogene, klare Regelungen zu formulieren – dies fehlt in einigen Bereichen noch. Positive Erfahrungen unzureichend berücksichtigt Suisse Eole bedauert die Zurückhaltung und Unverbindlichkeit des Konzepts. Von den zigtausend Windenergieanlagen in Europa gehen in aller Regel keine nennenswerten negativen Auswirkungen aus. Auch 34 bestehende Windenergieanlagen in der Schweiz bestätigen die positiven Erfahrungen. So konnten inzwischen mehrere unabhängige, umfangreiche Studien – trotz der ursprünglichen Befürchtungen – keinen negativen Einfluss der Windenergieanlagen auf die Vogelwelt feststellen. Ebenso fühlt sich nachgewiesenermassen auch die überwiegende Mehrheit der Anwohner durch die Anlagen nicht gestört. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, wieso der Bund zunehmend umfangreichere Vorbehalte und Ausschlusskriterien festlegt.
Kantone und Gemeinden brauchen Spielraum Die Kantone haben ihre Windenergiepotenziale erkannt und sind bereits daran, rund 70 Standorte festzulegen. 9 von 10 Gemeinden haben sich für konkrete Windenergieprojekte ausgesprochen. Kantone und Gemeinden brauchen folglich Handlungsspielraum, um die besten Projekte gemäss ihren eigenen Interessen zu realisieren. Doch im Konzept Windenergie werden bereits so viele Gebiete auf Bundesebene ausgeschlossen oder durch Vorbehalte erschwert, dass dies nicht möglich ist. Soll das Ziel der Energiestrategie 2050 von 7 % Windstrom erreicht werden, müssten die aus Bundessicht verbleibenden Gebiete in hohem Masse genutzt werden. Dies entspricht weder unserer Tradition, noch wird damit erreicht, dass die Anlagen an den besten Standorten gebaut werden. Neben Wasser- und Solarstrom ist Windenergie ein wichtiger Pfeiler einer nachhaltigen Energieversorgung ohne Atomstrom und einer hohen Selbstversorgung: Windenergieanlagen liefern im Winterhalbjahr zwei Drittel ihrer Produktion. Das ist genau dann, wenn Solaranlagen und Wasserkraftwerke am wenigsten Strom produzieren können, die Nachfrage aber am höchsten ist. Auch darum ist ein Konzept, das die gesetzlichen Spielregeln so festlegt, dass die Ziele auch erreicht werden können, mehr als dringend notwendig.